Anita Widmann,
Head of Human Resources

Wie sollen Arbeitgeber:innen mit der Krebserkrankung einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters umgehen? Wie gelingt die Wiedereingliederung in den Betrieb nach überstandener Krankheit? Diese und andere Fragen rund um Krebs werden für Unternehmen immer relevanter. Denn der Anstieg der Krebserkrankungen bei gleichzeitig steigenden Überlebenschancen bedeutet, dass in Zukunft auch mehr Mitarbeiter:innen betroffen sein werden. Betriebe brauchen daher eine Strategie für den Umgang mit Krebs im Tagesgeschäft. Das ergibt sich nicht nur aus der gesetzlichen Fürsorgepflicht der Arbeitgeber:innen, sondern liegt auch im Unternehmensinteresse. Schließlich kann sich kein Unternehmen heute leisten, qualifizierte und arbeitswillige Mitarbeiter:innen zu verlieren.
 

Berufsausübung ist für einen Großteil der Krebspatient:innen möglich

Dank moderner Therapien können immer mehr Menschen Krebs besiegen und ein normales Leben führen. Das spiegelt sich auch in der Arbeitswelt wider. Winfried Pinggera, Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt, erzählt in unserem Podcast, dass die Zahl der Krebspatient:innen, die einen Antrag auf Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension stellen, seit drei Jahren rückläufig ist. Richard Greil, Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin 3 am Uniklinikum Salzburg, wiederum sagt in einer anderen Folge, dass zwischen 70 und 80 Prozent aller therapierten Krebspatient:innen in die Arbeit „reintegrierbar“ sind. Nichtsdestotrotz ist die Arbeitslosigkeit bei Krebspatient:innen um rund 40 Prozent höher als in der Durchschnittsbevölkerung.
 

Geregeltes Einkommen erleichtert Heilung

Dabei ist die Erwerbstätigkeit sowohl aus Sicht der Betroffenen als auch aus Unternehmenssicht wichtig. Der Beruf gibt den Menschen eine Aufgabe und ermöglicht ihnen eine Teilhabe am sozialen Leben. Darüber hinaus sichert er das Einkommen. Das ist in Hinblick auf den erwiesenen Zusammenhang zwischen sozioökonomischem Status und Gesundheit fundamental: Ein geregeltes Einkommen erleichtert den Zugang zu Gesundheitsangeboten wie Psycho- oder Physiotherapie sowie zu gesunder Ernährung und trägt somit wesentlich zur Gesundheit bei.
 

Vertrauen und Kommunikation

Für Unternehmen sind an Krebs erkrankte Mitarbeiter:innen mit ihrer Erfahrung und ihren Qualifikationen trotz ihrer Krankheit eine wertvolle und unverzichtbare Ressource. Wie managen Arbeitgeber:innen und Mitarbeiter:innen nun eine Krebserkrankung und deren Folgen am besten?

Grundsätzlich stellen sich zwei wesentliche Herausforderungen:

  • Betroffene möchten ihre Krankheit beziehungsweise ihren Gesundheitszustand aus unterschiedlichen Gründen oft nicht mit ihren Arbeitgeber:innen teilen.
  • Viele Unternehmen wissen nicht, wie sie mit krebskranken Mitarbeiter:innen umgehen sollen.

Bei beiden Aspekten spielt das Vertrauen zwischen Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen eine zentrale Rolle. Eine Vertrauensbasis ist die Voraussetzung für eine offene und ehrliche Kommunikation. Diese wiederum ist entscheidend für eine nachhaltige Planung des Arbeitsverhältnisses und folglich für einen positiven und souveränen Umgang mit Krebs im Unternehmen.

Mitarbeiter:innen die Sorgen nehmen

Dabei gibt es keine One-size-fits-all-Lösung. Denn die Vielseitigkeit der Krankheit und die unterschiedlichen Charaktere der Betroffenen erfordern eine höchst individuelle Herangehensweise. Wichtig ist, die Arbeitnehmer:innen in ihrer momentanen Lebenssituation abzuholen und in jeder denkmöglichen Hinsicht zu unterstützen. Arbeitgeber:innen sollten sich bemühen, arbeitsbezogene Sorgen von ihnen fernzuhalten, damit sie sich voll und ganz auf ihre Genesung konzentrieren können. Dazu zählen auch Sorgen über einen Jobverlust oder Karriererückschritt. Krebspatient:innen brauchen die Sicherheit, wieder ins Unternehmen zurückkehren zu können, wenn es ihr Gesundheitszustand erlaubt und sie dies möchten.
 

Herausforderung für das gesamte Team

Neben dem Umgang mit an Krebs erkrankten Mitarbeiter:innen müssen Arbeitgeber:innen auch deren Ausfall im Unternehmen bewältigen. Als vorteilhaft erweisen sich hier eine offene, klare Kommunikation sowie die Einbindung jener Mitarbeiter:innen, die den Ausfall der erkrankten Kolleg:innen abfangen müssen. Diskretion und die Wünsche der/s Betroffenen haben dabei jedoch oberste Priorität. Eine Krebserkrankung im Unternehmen verlangt daher vom gesamten Team und insbesondere von den Führungskräften ein hohes Maß an Empathie, Feingefühl, Organisationsfähigkeit und Flexibilität ab.
 

Wie gelingt die Wiedereingliederung?

Auch die Wiedereingliederung in den Betrieb nach überstandener Krebserkrankung stellt eine Herausforderung für alle Beteiligten dar. Die 2017 eingeführte Wiedereingliederungsteilzeit bietet die Möglichkeit einer übergangsmäßigen Arbeitszeitreduktion mit finanziellem Ausgleich. Eine nachhaltige Rückkehr der Mitarbeiter:innen kann nur in einem zu bewältigenden und nicht überfordernden Arbeitsumfeld erfolgen. Das bedeutet unter anderem, dass die Betroffenen ausreichend Zeit und Raum für die Krebsnachsorge und Kontrolluntersuchungen haben. Denn auch wenn sie den Krebs überwunden haben, leiden viele noch unter körperlichen und psychischen Beschwerden, die unter anderem die Berufsausübung erschweren können. Es ist wichtig, über solche Beschwerden offen zu reden und gemeinsam die unterschiedlichen Möglichkeiten einer weiteren Beschäftigung auszuloten. Dabei sollte keinesfalls Druck ausgeübt werden.
 

Vereinbarkeit von Beruf und Therapie

Bei all der gebotenen Rücksichtnahme auf die Betroffenen darf nicht übersehen werden, dass Unternehmen wirtschaftlich agieren müssen. Eine gute Lösung sollte deshalb immer auch ökonomisch sinnvoll sein. Flexible Arbeitsmodelle, die den Mitarbeiter:innen innerhalb eines gewissen Rahmens einen Gestaltungsspielraum einräumen, sind hier von bedeutendem Vorteil. Sie schaffen gesunde Rahmenbedingungen, weil Mitarbeiter:innen Arbeitszeit und -pensum an ihre individuellen Bedürfnisse anpassen können. Solche flexiblen Modelle erleichtern auch die Wiedereingliederung von an Krebs erkrankten Mitarbeiter:innen in den Betrieb, weil sie die Vereinbarkeit von Beruf und Therapie fördern. Sanofi Österreich hat die Vorzüge eines solchen Arbeitsmodells erkannt und neben weiteren Maßnahmen bereits im Februar 2020 für alle Mitarbeiter:innen orts- und zeitunabhängiges Arbeiten eingeführt.
 

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