Marcus Dietmayer,
Franchise Head Oncology & Country Trade Head

In Österreich wird zur Krebstherapie so viel geforscht wie zu keiner anderen Therapie. Circa 50 Prozent aller klinischen Studien hierzulande widmen sich der Onkologie.1 Die intensive Forschungstätigkeit auf nationaler sowie auf internationaler Ebene schlägt sich eindrucksvoll in der medizinischen Krebsversorgung nieder: Allein 2020 kamen in Europa 21 neue Krebsmedikamente auf den Markt, davon hatten mehr als die Hälfte einen neuen Wirkstoff.2 Mehr als 1.300 Medikamente und Impfstoffe zur Krebsbehandlung befinden sich derzeit in Entwicklung.3
 

Innovative Medikamente

Die Krebsforschung hat in den vergangenen Jahren immense Fortschritte erzielt und schreitet mit rasantem Tempo voran. Wissenschaftler:innen verstehen die komplexe Tumorbiologie immer besser. Daraus resultieren treffendere Diagnosen und neue Therapieansätze. Als große Hoffnungsträger gelten die Immuntherapie und die Präzisionsmedizin. Während die Immuntherapie das körpereigene Immunsystem mobilisiert, greift die Präzisionsmedizin ganz gezielt spezifische Tumormerkmale an. Das Potenzial von zielgerichteter Medizin in der Onkologie ist groß und kann dank technologischer Entwicklungen und intensiver Forschung immer besser genutzt werden.
 

Immer mehr heilbare Krebsarten

Neben der Entwicklung innovativer medikamentöser Therapien verbessern sich auch die Operations- und Bestrahlungstechniken in der Onkologie kontinuierlich, wie Ansgar Weltermann, Leiter des Tumorzentrums Oberösterreich, in einem unserer Podcasts schildert. Dank dieser Entwicklungen können nicht nur immer mehr Krebsarten geheilt werden. Auch bei nicht heilbaren Krebserkrankungen gelingt es, das Leben der Patient:innen unter Erhaltung einer guten Lebensqualität sukzessive zu verlängern. Damit kommen wir dem Ziel schrittweise näher, aus Krebs eine chronische Krankheit zu machen.
 

Investitionen erhöhen Überlebenschancen

Die medizinischen Fortschritte spiegeln sich auch in konkreten Zahlen wider. Während es in Europa 2018 um 50 Prozent mehr Krebsdiagnosen gab als 1995, wuchs die Zahl der Todesfälle aufgrund von Krebs im selben Zeitraum um nur 20 Prozent. Dabei stehen die Überlebenschancen im direkten Zusammenhang mit den Investitionen in eine innovative Krebsversorgung: je höher die Ausgaben, desto besser die Prognosen.4 Angesichts des zu erwartenden Anstiegs an Krebs-Neuerkrankungen in den kommenden Jahren ergibt sich daher eine Notwendigkeit, in den Kampf gegen Krebs zu investieren. Die Europäische Union macht dafür rund vier Milliarden Euro locker.5
 

Präzise Prognosen durch künstliche Intelligenz

Einen immensen Nutzen bringt der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in der Onkologie. KI ermöglicht die Verknüpfung und Auswertung riesiger Datenmengen. Sie kann Computertomografie- oder Magnetresonanztomografiebilder genau und schnell analysieren und Tumore frühzeitig erkennen. Auch über bestimmte Krankheits- und Therapieverläufe kann sie präzise Vorhersagen treffen, was vor allem in der personalisierten Medizin eine bedeutende Rolle spielt. In Zukunft wird KI Onkolog:innen immer besser bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützen und erheblich dazu beitragen, Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge zu optimieren.
 

Leben mit der Krankheit

Aufgrund der steigenden Prävalenz und der wachsenden Zahl an Langzeitüberlebenden braucht es einen neuen Fokus in der Onkologie. Wir müssen uns überlegen, wie die optimale Versorgung von Patient:innen mit einer chronifizierten Erkrankung aussieht. Angesichts der demografischen Entwicklung sollten wir uns im Besonderen mit älteren Krebspatient:innen und deren Bedürfnissen auseinandersetzen. Sanofi befasst sich mit dem Thema in seiner globalen Initiative „When Cancer Grows Old“.

Das Angebot an innovativen, insbesondere nebenwirkungsarmen Therapien muss weiter ausgebaut und für Patient:innen zugänglich sein. Denn die beste Therapie nützt nichts, wenn sie bei den Betroffenen nicht ankommt. Als Grundlage für innovative Therapien brauchen wir eine starke Krebsforschung. Diese wiederum benötigt hochwertige, strukturierte Daten. In Europa haben wir mit mehr als 1.000 onkologischen Datenbanken zwar ein enormes Potenzial. Die Datenbanken sind jedoch so uneinheitlich, dass ihr Nutzen stark eingeschränkt ist. Es ist zu hoffen, dass der geplante europäische Gesundheitsdatenraum diese Hürden beseitigen wird.

Rehabilitation, soziale Integration und Wiedereingliederung

Neben Prävention und Therapie bedarf es einer adäquaten onkologischen Nachsorge, um die Lebensqualität derjenigen, die den Krebs überwunden haben, zu verbessern und ihnen die Rückkehr in ihren Alltag zu erleichtern. Abgesehen von den persönlichen Ängsten und Therapiefolgen verursacht Krebs nämlich extreme gesamtwirtschaftliche Kosten, allein in der EU von schätzungsweise mehr als 100 Milliarden Euro jährlich.6 Auch der europäische Plan zur Krebsbekämpfung sieht als einen Hauptaktionsbereich die Verbesserung der Lebensqualität von Krebskranken und Krebsüberlebenden vor. Dabei adressiert er unter anderem die Rehabilitation, Maßnahmen zur Förderung der sozialen Integration sowie die Rückkehr in den Beruf.
 

Ressourcen als Schlüsselfaktor

Die ganzheitliche Begleitung von Krebspatient:innen ist natürlich auch ein Ressourcenthema. Die Herausforderung besteht darin, eine netzartige extra- und intramurale Versorgung sowie Spezialambulanzen aufzubauen. Dies muss mit einer Attraktivierung der Rahmenbedingungen einhergehen, um spezialisierte Kräfte zu halten, führt Felix Keil, Abteilungsvorstand der 3. Medizinischen Abteilung für Hämatologie und Onkologie im Hanusch Krankenhaus, im Podcast aus. Denn Fachkräfte sind ein zentraler Schlüsselfaktor, um bei steigender Prävalenz ein hohes Niveau in der Krebsversorgung auch in Zukunft gewährleisten zu können.
 

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