
Hon. Prof. (FH) Bernhard Rupp, MBA
Leiter der Abteilung Gesundheitspolitik, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich
Personalbedarfsplanung kann als ein Prozess gesehen werden, der sicherstellt, dass ein Unternehmen (oder ein Wirtschaftszweig wie das Gesundheitssystem) die richtige Anzahl von Mitarbeiter:innen mit den erforderlichen Qualifikationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung hat.
Personalbedarfsplanung umfasst somit die Analyse des aktuellen Personalbestands, die Prognose zukünftiger Personalbedarfe basierend auf strategischen Zielen und Marktbedingungen sowie die Entwicklung von Maßnahmen zur Deckung von Personalengpässen oder -überschüssen.
Das Ziel sollte sein, die Effizienz und Effektivität der Personalressourcen zu optimieren und eine passende Personalstruktur zu schaffen, um die Unternehmens- oder auch Systemziele zu erreichen.
Die Anfänge der Personalplanung-
In den Anfängen der österreichweiten Planung des Gesundheitssystems vor mehr als 25 Jahren, also in den Anfängen des LFK-Systems und der österreichweiten Strukturplanung waren ökonomische Anreize zur Einhaltung von rudimentär bereits vorhandenen Personalmindeststandards – jedenfalls einmal für Krankenanstalten – enthalten. Das war manchen Akteuren dann noch zu kostspielig. Schrittweise wurden quantitative Vorgaben der erforderlichen Personalausstattung frei nach dem Motto: „Ohne Fahrplan kann kein Zug Verspätung haben“ wieder aus der österreichweiten Strukturplanung zurückgenommen.
Die Deutschen haben übrigens vor einigen Jahren mit der sogenannten „Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung“ -zur Qualitätssicherung in sensiblen Bereichen der Krankenhäuser das ursprünglich österreichische Modell der vorgegebenen Personalausstattung in Kombination mit externer Kontrolle und monetären Strafanreizen bei Unterschreitung der Personalmindeststandards sinngemäß abgekupfert.
Wie können wir besser werden?
Wie können wir jetzt, ein gutes Vierteljahrhundert später, wieder dort anknüpfen, wo wir schon waren und jetzt vielleicht sogar ein wenig besser werden?
Also, wie kann die Frage der richtigen Anzahl von Mitarbeiter:innen mit den erforderlichen Qualifikationen die zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung stehen sollten, beantwortet werden? Diese Frage können wir derzeit gar nicht gut beantworten, denn wir scheitern schon an der korrekten Inventur des Ist-Standes.
Wir haben trotz der Einführung des Gesundheitsberuferegisters für die zahlenmäßig größten Gruppen der sog. „nichtärztlichen Gesundheitsberufe“ im Jahre 2018 derzeit nur ein grobgranulares Wissen um die Kopfanzahl und die einschlägige Grundausbildung der registerpflichtigen Angehörigen. In einem Sektor mit extrem hoher Teilzeitquote hilft das bloße Köpfezählen nur wenig. Nachweise über Fort- und Weiterbildungen sind gesetzlich nicht verpflichtend dem Register zu melden. Dienstgeber- oder Branchenwechsel sind im schlimmsten Fall erst mit 5 Jahren Verspätung zu erkennen. Auch sinnvolle Datenabgleiche mit anderen Registern ist derzeit nicht möglich und führen zu sinnlosen bürokratischen Ineffizienzen und Belastungen für die betreffenden Berufsangehörigen.
Auch die Frage der „notwendigen Qualifikation“ des nicht gut quantifizierbaren Personals ist derzeit nur unzureichend beantwortbar. Die sogenannten „nichtärztlichen Gesundheitsberufe“ werden trotz zaghafter legislativer Emanzipationsversuche – im internationalen Vergleich – immer noch unter ihrem Wert gehandelt.
In anderen Ländern verrichten auf Master-Niveau ausgebildete Pflegeexert:innen medizinische Dienstleistungen, die in Österreich immer noch den Allgemeinmediziner:innen vorbehalten sind. In Österreich ist bekanntlich gemäß § 2 Ärztegesetz (nur) der Arzt (oder die Ärztin) zur Ausübung der Medizin berufen. Diese Berufung umfasst, mit grundsätzlichem Exklusivitätsanspruch, in Ausübung des ärztlichen Berufes jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird.
Die Gesundheitsreform 2024.
Der aktuelle politische Wille zur Überwindung der bestehenden Rechtslage ist aktuell in den entsprechenden Gesundheitsreform 2024-Überlegungen der neuen Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens zu erkennen. Danach sollen gemäß Art 8 (5) der Vereinbarung berufsrechtliche Regelungen und Berechtigungen an geänderte Anforderungen im Berufsalltag und am Arbeitsmarkt angepasst werden, um flexiblere und erweiterte Formen der Arbeitsteilung und Delegation von Aufgaben zwischen ärztlichen und anderen Gesundheitsberufen zu ermöglichen und multiprofessionelle, teambasierte und interdisziplinäre Zusammenarbeitsformen zu unterstützen. Explizit angeführt wird in der gegenständlichen Art. 15a Vereinbarung die Öffnung der Vorbehaltsbereiche zwischen und innerhalb der Gesundheitsberufe, insbesondere die Erweiterung der Kompetenzen der nicht-ärztlichen Gesundheitsberufe durch verstärkte Kompetenzorientierung und Abbau berufsrechtlicher Schranken zwischen und innerhalb der gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe unter besonderer Berücksichtigung der erworbenen Ausbildungen und Spezialisierungen, dies insbesondere mit dem Ziel der Versorgungswirksamkeit und der Verbesserung der inter- und intraprofessionellen Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe im intra- und extramuralen Setting.
Die rezenten Reformen des MTD Gesetzes und des GuKG Gesetzes sind – um Grillparzer nochmals zu strapazieren – immer noch zauderhafte Schritte wiewohl in die richtige Richtung.
Diese zauderhaften Schritte sind es jedoch, die – neben der steigenden Arbeitsbelastung aller Gesundheitsberufe – die Unzufriedenheit vieler Berufsangehörigen mit den zur Zeit fehlenden Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten nähren und somit die Attraktivität der Gesundheitsberufe für Menschen in der Berufswahl nicht gerade steigern.
Sinngemäß hat uns der altösterreichische Managementguru Peter Drucker für unseren Reformweg den Merksatz „Efficiency is doing the thing right. Effectiveness is doing the right thing“ mitgegeben.
Was für eine schöne Welt – es gibt noch so viel zu tun.