
Dr. Naghme Kamaleyan-Schmied,
Vizepräsidentin und Kurienobfrau der niedergelassenen Kurie der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien.
Gesundheit ist unser höchstes Gut. Sie bildet die Grundlage für ein erfülltes Leben und für persönliche und berufliche Erfolge. Ohne Gesundheit sind wir nicht in der Lage, unsere Träume zu verwirklichen. Wir können unser Leben nicht so leben, wie wir dies möchten. Wir niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte streben daher in unserer täglichen Arbeit danach, die Gesundheit unserer Patientinnen und Patienten zu fördern, wiederherzustellen und sie durch schwierige Lebensphasen zu begleiten. Wir sind die ersten Ansprechpartner bei Problemen und stellen das enge Arzt/Patient-Vertrauensverhältnis sicher. Leider steht der niedergelassene Bereich vor enormen Herausforderungen. Denn unser solidarisches Gesundheitssystem ist seit Jahren unterfinanziert, in vielen Bereichen viel zu starr und orientiert sich oft nicht mehr an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten. Die Folgen sind lange Wartezeiten in den Ordinationen und Ärztinnen und Ärzte, die über ihre Belastungsgrenzen gehen. Um den niedergelassenen Bereich in die Zukunft zu führen und die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, müssen wir deshalb dringend handeln. Wir brauchen endlich große strukturelle Änderungen im Sinne der Patientinnen und Patienten, denn das Gesundheitssystem ist wie ein einsturzgefährdetes Haus, das von Grund auf erneuert werden muss.
Forderung nach nachhaltiger Finanzierung des Kassensystems.
Die Stärkung des Kassensystems ist dabei von zentraler Bedeutung. Durch eine Ausweitung der Kassenstellen, eine bedarfsorientierte Finanzierung und eine Modernisierung der Kassenverträge können wir mehr Ärztinnen und Ärzte gewinnen und die Wartezeiten verkürzen. Die zugesagte Patientenmilliarde, die wir mittlerweile alleine für Wien benötigen, muss endlich umgesetzt werden, um die notwendigen Investitionen zu ermöglichen. Wir fordern bedarfsorientierte Finanzierung des Kassenbereichs, die sich tatsächlich am Bedarf der Bevölkerung orientiert. Zudem bedarf es auch einer Erweiterung um weitere Fachgebiete, insbesondere in den Bereichen Onkologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin, die aktuell in der niedergelassenen Kassenmedizin überhaupt nicht abgebildet sind.Mit einer Ausweitung der Kassenstellen stünden rasch mehr Kapazitäten und damit rasche Facharzttermine zur Verfügung.
Ordinationen wieder zu einem attraktiven Arbeitsplatz machen.
Neben der Stärkung des Kassensystems ist auch eine Attraktivierung dringend notwendig. Durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, einem neuen Honorierungssystem und einem modernen und einheitlichen Leistungskatalog wird man durch eine Flexibilisierung bei Teilzeitkassenverträgen und familienfreundlichen Arbeitszeiten wieder Ärztinnen und Ärzte für das solidarische Gesundheitssystem gewinnen können. Das wird die Wartezeiten massiv verkürzen und den Patientinnen und Patienten zu Gute kommen. Damit vergebene Stellen rascher versorgungswirksam werden, braucht es auch Unterstützung beim Gründungsprozess, etwa bei der Immobilien- und Personalsuche und die Lösung der Problematik der „unechten Umsatzsteuerbefreiung“.
Neue Möglichkeiten für Einzelpraxen.
Entscheidend für die Versorgung im niedergelassenen Bereich ist das Zusammenspiel zwischen Gemeinschafts- und Gruppenpraxen, Einzelordinationen und Primärversorgungseinheiten (PVE). Denn dieses ist der Schlüssel für die hochqualitative und wohnortnahe Gesundheitsversorgung. Daher soll zukünftig auch in Einzelordinationen die Einbindung von Gesundheitsberufen und Sozialberufen möglich werden, was in PVE aktuell schon der Fall ist. So würde sich das Angebot für die Patientinnen und Patienten in der Primärversorgung rasch verbessern.
Ärztinnen und Ärzte müssen Vorrang haben.
Die Regulierung der Konzernisierung des Gesundheitssystems, die zuletzt durch den Verkauf der VAMED an einen französischen Hedgefonds in Österreich für Diskussionen gesorgt hat, spielt ebenso eine entscheidende Rolle. Neben der Absicherung des freien Berufsbraucht es klare Vergabekriterien, die Ärztinnen und Ärzte, für die das Wohl der Patientinnen und Patienten immer im Mittelpunkt steht, priorisieren. Grundlage dafür wäre eine längst überfällige Reform und Vereinheitlichung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Gruppenpraxen und Ambulatorien. Zudem müssen die Anstellungsmöglichkeiten von Ärztinnen und Ärzten in Einzel- und Gruppenpraxen endlich erweitert werden.
Gemeinsame Kraftanstrengung im Sinne der Bevölkerung.
Die Gesundheit der Bevölkerung wird schlussendlich darüber entscheiden, in welche Richtung unser Land zukünftig geht. Mit einem gemeinsamen Engagement von Ärztinnen und Ärzten, Politik und Gesellschaft können wir ein Gesundheitssystem schaffen, das den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht wird und gleichzeitig die Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte attraktiv gestaltet. So werden wir auch zukünftig eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe Versorgung garantieren. Dafür braucht es eine Gesundheitspolitik mit Weitblick, die endlich das große Ganze in den Mittelpunkt rückt. Unser oberstes Ziel muss sein, eine lückenlose wohnortnahe Versorgung mit geringen Wartezeiten zu garantieren und dafür machen wir uns stark.