Mag. Stefan Eichwalder,
Leiter Gruppe VII/B, Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

Die Gesundheitsausgaben in Österreich steigen kontinuierlich. Im Jahr 2022 beliefen sie sich auf über 52 Milliarden Euro, wobei 76,3 % dieser Kosten durch die öffentliche Hand und 23,7 % durch private Haushalte getragen wurden. Ein wesentlicher Treiber für diese Entwicklung sind der demographische Wandel sowie der technische Fortschritt, der immer neue medizinische Möglichkeiten eröffnet, gleichzeitig aber auch kostspielig ist. Es ist davon auszugehen, dass die Kosten auch in den kommenden Jahren stärker steigen werden.

Im internationalen Vergleich liegt Österreich bei den Gesundheitsausgaben im oberen Bereich. Wenngleich das österreichische Gesundheitssystem sehr gute Resultate erzielt, gibt es erhebliche Herausforderungen, die gelöst werden müssen. Besonders herausfordernd ist die starke Spitalslastigkeit des Systems. Die Gesundheitsversorgung konzentriert sich zu stark auf stationäre Behandlungen in Krankenhäusern, während Prävention und Gesundheitsförderung, also die frühzeitige Verhinderung von Krankheiten, sowie die Primärversorgung relativ gering ausgestattet sind. Auch die Digitalisierung bietet bislang ungenutztes Potenzial, das Kosten senken und die Effizienz steigern könnte.

Die Rolle des Finanzausgleichs in der Gesundheitsreform.

Eine Besonderheit des österreichischen Gesundheitssystems ist seine Fragmentierung. Die Zuständigkeiten sind zwischen Bund und Ländern aufgeteilt, was die Steuerung des Systems komplex macht. Der Bund ist für die Sozialversicherung und große Teile der Finanzierung zuständig, während die Länder unter anderem für die Krankenanstalten verantwortlich sind. Dies führt zu einem hohen Abstimmungs- und Koordinationsbedarf. Vor diesem Hintergrund kommt dem Finanzausgleich für Reformen im Gesundheitsbereich traditionell eine wichtige Rolle zu. Der Finanzausgleich regelt die Verteilung der öffentlichen Mittel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und ist somit entscheidend für die Finanzierung des Gesundheitswesens. In den Verhandlungen zum Finanzausgleich 2024 bis 2028 wurde die Bedeutung des Gesundheitsbereichs besonders hervorgehoben. Obwohl die grundsätzliche Aufteilung der Mittel – der sogenannte „vertikale Schlüssel“ – beibehalten wurde, hat der Bund zugesagt, zielgerichtet zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen.
 

Wichtige Reformen und neue Finanzierungsmodelle.

Die Einigung im Finanzausgleich umfasst auch strukturelle Reformen. Diese Reformen folgen dem Prinzip „digital vor ambulant vor stationär“. Ziel ist es, die ambulante und digitale Versorgung auszubauen und damit den stationären Bereich, insbesondere die Krankenhäuser, zu entlasten. Hierfür ist es notwendig, neue Kassenstellen zu schaffen, Telemedizin und andere digitale Angebote auszubauen sowie bestehende Strukturen zu modernisieren.

Insgesamt werden über die Laufzeit bis 2028 zusätzlich (also über die Steigerung durch Steuer- bzw. Beitragseinnahmen hinaus) rund 5,5 Milliarden Euro für das Gesundheitswesen (bzw. 14 Mrd. Euro für Gesundheit und Pflege gesamt) bereitgestellt. Diese Mittel sollen dazu beitragen, die dringend notwendigen Strukturreformen zu finanzieren und die Qualität der Versorgung auch langfristig zu sichern.

Konkrete Schwerpunkte der finanziellen Mittel.

  • Niedergelassener Bereich: 300 Millionen Euro pro Jahr werden investiert, um mehr Vertragsstellen zu schaffen und die medizinische Versorgung im niedergelassenen Bereich zu verbessern. Der Fokus liegt dabei auf neuen Formen der Zusammenarbeit, wie Primärversorgungseinheiten (PVE), bei denen Ärzt:innen und andere Gesundheitsberufe gemeinsam Patient:innen betreuen.
  • Spitalsambulanzen: 550 Millionen Euro jährlich fließen in den Ausbau spitalsambulanter Angebote und telemedizinischer Leistungen, um den stationären Bereich zu entlasten.
  • Digitalisierung und eHealth: Jährlich 51 Millionen Euro werden für den Ausbau von eHealth-Angeboten wie der Gesundheitsberatung, der Diagnosencodierung und der Verbesserung der Patient:innenströme bereitgestellt.
  • Gesundheitsförderung: 60 Millionen Euro pro Jahr fließen in die Gesundheitsförderung und Frühe Hilfen.
  • Impfprogramme: 90 Millionen Euro jährlich werden für ein öffentlich finanziertes Impfprogramm zur Verfügung gestellt.

Umsetzung der Reformen im Rahmen des Zielsteuerungsvertrags.

Der Zielsteuerungsvertrag 2024-2028 im Bereich Gesundheit setzt auf Basis der beiden 15a-Vereinbarungen den Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen dem Bund, den Ländern und den Sozialversicherungsträgern in Österreich. Er zielt darauf ab, das öffentliche Gesundheitssystem weiterzuentwickeln und die Gesundheitsversorgung nachhaltig zu sichern.

Der Zielsteuerungsvertrag legt operative und strategische Ziele fest, mit der die o.a. Vorhaben - etwa die Entlastung der Spitäler durch eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs und eine Verbesserung der Patientenströme nach dem Prinzip „digital vor ambulant vor stationär“ – konkretisiert werden. Weiters spielt die Digitalisierung eine zentrale Rolle, u.a. durch den Ausbau der Telematik-Infrastruktur und die Nutzung von eHealth-Anwendungen. Zusätzlich betont der Vertrag die Bedeutung der Prävention und Gesundheitsförderung sowie der Qualitätssicherung in der Gesundheitsversorgung. Das Monitoring der Zielerreichung wird detailliert geregelt, um Transparenz und eine effektive Steuerung sicherzustellen.

Für die Umsetzung der Maßnahmen sind im Zielsteuerungsvertrag insgesamt vier strategische und 17 operative Ziele samt entsprechender Maßnahmen und Fristen definiert (vgl. auch Übersicht).

Der Vertrag wurde im Sommer 2024 finalisiert und ist online auf der Website des BMSGPK abrufbar: https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Gesundheitssystem/Gesundheitsreform-(Zielsteuerung-Gesundheit)/Zielsteuerungsvertrag-2024-bis-2028.html