Dr. Jürgen Pripfl,
Generalsekretär, Christian Doppler Forschungsgesellschaft

Grundlagenforschung bildet das Rückgrat wissenschaftlicher Erkenntnisse und Entwicklungen in der Gesundheitsbranche. Sie zielt darauf ab, grundlegende Prinzipien und Mechanismen des Lebens und der Natur zu verstehen, ohne unmittelbare kommerzielle oder praktische Anwendungen im Fokus zu haben. Dennoch hat die Grundlagenforschung immense Bedeutung für die Gesundheit und die Gesundheitsbranche.
 

Das Verständnis von Krankheiten.

Grundlagenforschung ermöglicht das tiefe Verständnis biologischer Prozesse und Krankheiten. Beispielsweise können durch die Untersuchung der molekularen und genetischen Grundlagen von Krankheiten Forscher*innen Mechanismen entdecken, die für die Entstehung und den Verlauf von Krankheiten verantwortlich sind. Ein klassisches Beispiel ist die Entdeckung der Doppelhelix-Struktur der DNA durch Watson und Crick im Jahr 1953, die als Meilenstein in der Molekularbiologie gilt und die Grundlage für die moderne Genetik und zahlreiche medizinische Durchbrüche schuf.

Weiterhin legt die Grundlagenforschung den Grundstein für die Entwicklung neuer Diagnostik- und Therapieverfahren. Ohne das grundlegende Verständnis von Zellbiologie, Immunologie und Pathogenese wären viele moderne Diagnosemethoden und Behandlungen, wie z.B. die PCR-Technik zur Identifizierung von Viren oder die gezielte Krebstherapie mittels monoklonaler Antikörper, undenkbar. Diese Technologien und Verfahren basieren auf jahrelanger, oft jahrzehntelanger Grundlagenforschung.

Die Grundlagenforschung spielt auch eine entscheidende Rolle in der Präventionsmedizin. Durch das Verständnis von Risikofaktoren und biologischen Frühwarnzeichen können präventive Maßnahmen entwickelt werden, die Krankheiten verhindern, bevor sie entstehen. Dies führt nicht nur zu einer verbesserten Lebensqualität der Bevölkerung, sondern auch zu erheblichen Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem.

Christian Doppler Forschungsgesellschaft: von der Grundlagenforschung zur Innovation.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Förderung von Innovationen und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Gesundheitsbranche. Grundlagenforschung erzeugt neues Wissen, das die Basis für zukünftige technologische und therapeutische Innovationen bildet. Unternehmen, die in Grundlagenforschung investieren, können einen Wettbewerbsvorteil generieren, neue Märkte erschließen und ihre Position in der Gesundheitsbranche stärken.

Die Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG) fördert daher gezielt die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft im Bereich der „Anwendungsorientierten Grundlagenforschung“ in Form von Christian Doppler Labors (CD-Labors) und Josef Ressel Zentren (JR-Zentren).

Die CD-Labors und JR-Zentren bringen akademische Forscher*innen und Unternehmen zusammen, um gemeinsame Forschungsprojekte durchzuführen, die sowohl das wissenschaftliche Verständnis vertiefen als auch die Grundlage für neue, praktische Anwendungen schaffen. Beispielsweise gibt es CD-Labors, die sich auf die Entwicklung neuer biomedizinischer Materialien, die Erforschung molekularer Mechanismen von Krankheiten oder die Verbesserung diagnostischer oder therapeutischer Methoden konzentrieren. Die CD-Labors sind an Universitäten oder außeruniversitären Forschungsinstituten angesiedelt, die JR-Zentren an Fachhochschulen.

Was Forschungsförderung bewirken kann.

Ein Beispiel für den Erfolge dieser Forschungsförderung ist die Entwicklung der „Optischen Kohärenztomographie“ (OCT) in der Augenheilkunde, die mit dem CD-Labor für Laserentwicklung und deren Anwendung in der Medizintechnik im Jahr 2002 an der Medizinischen Universität Wien (MUW) begann. Neben bedeutenden Fortschritten bei der Entwicklung von Lasersystemen gelang insbesondere der Nachweis, dass OCT ein routinemäßiges klinisches Bildgebungsverfahren in der Augenheilkunde sein kann. In Folge wurde die OCT weltweit in die Routinediagnostik eingeführt. Dank OCT konnte die Erblindungsrate bei Menschen mit Makula-Degeneration und diabetesbedingten Netzhauterkrankungen weltweit von etwa 20 Prozent auf zwei Prozent reduziert werden. Vier weitere CD-Labors an der MedUni Wien haben sich seither mit verschiedenen Aspekten der OCT befasst. Bereits ab 2013 wurde im CD-Labor für Ophthalmologische Bildanalyse Künstliche Intelligenz (KI) genutzt, um spezifische Netzhauterkrankungen im Frühstadium zu erkennen und die Behandlung durch KI-basiertes Monitoring zu steuern. Mittlerweile gibt es Forschungsergebnisse, die zeigen, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen und insbesondere der Grad von kardiovaskulären Stenosen allein auf Basis von retinalen Bildern per KI diagnostiziert werden können und erste Forschungsergebnisse zur Erkennung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Multiple Sklerose und Morbus Alzheimer durch diese neuen AI-Methoden sind vielversprechend.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Grundlagenforschung eine unverzichtbare Säule für die Gesundheit und die Gesundheitsbranche darstellt. Sie liefert die essentiellen Erkenntnisse, die für die Entwicklung neuer Diagnose- und Therapieverfahren notwendig sind, fördert präventive Maßnahmen, treibt Innovationen voran und sichert die Ausbildung zukünftiger Generationen von medizinischem und gesundheitswissenschaftlichem Personal und Wissenschaftler*innen. Ohne die fortlaufende Unterstützung und Finanzierung der Grundlagenforschung wäre der Fortschritt in der Medizin und Gesundheitsversorgung erheblich eingeschränkt. Die Christian Doppler Forschungsgesellschaft spielt dabei insbesondere im Bereich des Wissenstransfers zwischen Wissenschaft und Wirtschaft eine Schlüsselrolle, indem sie durch ihre CD-Labors und JR-Zentren die Brücke zwischen Grundlagenforschung und praktischer Anwendung schlägt und somit einen Beitrag zur Verbesserung der Gesundheit und Lebensqualität leistet.