
Mag. Dr. Klaus Ropin,
Geschäftsbereichsleiter, Fonds Gesundes Österreich
© Klaus Ranger

Dr. Gert Lang,
Gesundheitsreferent für Betriebliche Gesundheitsförderung, Fonds Gesundes Österreich
© Klaus Ranger
Aufgrund des strukturellen Wandels sind Betriebe mehr gefordert denn je. Die Liste der aktuell diskutierten Herausforderungen ist lang und reicht von der zunehmenden Digitalisierung bzw. Flexibilisierung der Arbeitswelt 4.0 bis hin zum klimatischen Wandel. Aufgrund des demografischen Geschehens kommt es nicht nur zu einer zunehmenden Alterung der Gesellschaft bzw. der Belegschaften in Betrieben, sondern auch zu einem (lokalen) Fachkräftemangel. Deshalb kommen Betriebe immer häufiger unter Druck und stehen mit anderen Unternehmen in einem stärkeren Wettbewerb bzw. Konkurrenzkampf um die besten Arbeitskräfte (sog. war of talents).
Daher geht es für Betriebsverantwortliche in stärkerem Ausmaß darum, das nötige Personal zu gewinnen, Fluktuation zu reduzieren und Beschäftigte an das Unternehmen zu binden. Studien unterstreichen die zunehmende Bedeutung der Attraktivität des Arbeitgebers bzw. das Potenzial im Employer Branding, das das drohende Problem der Mitarbeiterrekrutierung und -fluktuation zu mildern vermag. Das auch, weil attraktivere Arbeitgeber:innen eine erhebliche Wirkung auf die Anwerbung von Arbeitskräften haben. Eine höhere Arbeitgeberattraktivität hängt zudem mit einer positiven Arbeitszufriedenheit zusammen.
Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs wirkt die Arbeitgeberattraktivität als zusätzlicher, nicht-monetärer Wert bei der Gewinnung bzw. Bindung von Personal. Weitere Forschungsarbeiten betonen den positiven Zusammenhang zwischen Arbeitgeberattraktivität und Betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF) und ihrer Bedeutung bei der Steigerung der Mitarbeiterbindung. Für Beschäftigt und potenzielle Mitarbeiter:innen ist daher immer öfter ausschlaggebend, ob der/die jetzige oder zukünftige Arbeitgeber:in gesundheitsförderliche Angebote für das Personal bereithält.
Die Zahlen aus dem österreichischen Qualitätsmanagementsystem BGF belegen, dass BGF in den letzten Dekaden zunehmend an Bedeutung in den Unternehmen gewonnen und starke Verbreitung (u.a. bei kleineren Unternehmen) erfahren hat. Betriebe können vom Österreichischen Netzwerk BGF und Fonds Gesundes Österreich mit einem auf drei Jahre befristeten BGF-Gütesiegel ausgezeichnet werden und für einen BGF-Preis nominiert werden, wenn 15 ganzheitliche Kriterien in der Umsetzung der BGF qualitätsvoll umgesetzt worden sind. Die Bewertung erfolgt durch eine unabhängige Einrichtung nach einem einheitlichen und standardisierten Prozedere. Die Erlangung bzw. die Wiederverleihung des BGF-Gütesiegels wird mittlerweile von vielen österreichischen Betrieben bewusst im Sinne der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität und Stärkung der Arbeitgebermarke verfolgt.
Aufgrund der Megatrends in der Arbeitswelt wird BGF zukünftig noch eine größere und noch gewichtigere Rolle in österreichischen Unternehmen einnehmen. Gesundheitsförderliche Prinzipien wie erweiterte Partizipationsmöglichkeiten und besserer sozialer Austausch/Zusammenhalt der Beschäftigten stärken beispielsweise die Arbeitszufriedenheit; die persönliche Entwicklungsmöglichkeiten erhöhen die Motivation, beim Unternehmen zu bleiben. Diese Beispiele belegen, dass Betriebe sowohl in ihre Attraktivität investieren als auch auf BGF als Organisationsentwicklungsstrategie setzen sollten, um eine zufriedenere und engagiertere Belegschaft zu haben. Employer Branding als strategische Maßnahme der Arbeitgeberattraktivität muss jedoch im Sinne der Verhältnisorientierung als HR-Management sukzessive aufgebaut und ständig bedarfsgerecht weiterentwickelt werden. Nachhaltige Personalführung rückt somit stärker in den Vordergrund.
Die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität ist nicht nur eine gute Möglichkeit als Arbeitgeber:in zu überzeugen, sondern auch, um den negativen Folgen des demografischen Wandels ein Stück weit entgegenzuwirken. Ein Schwerpunkt auf Altersfreundlichkeit des Arbeitsplatzes und Lebensphasenorientierung ist aus diesem Grund mehr denn je zu empfehlen. Der Fonds Gesundes Österreich fördert beispielsweise seit 2023 BGF-Gütesiegelbetriebe, die ihre betriebliche Gesundheitsförderung mit Fokus auf das Betriebliche Übergangsmanagement ausrichten. Dabei handelt es sich um „eine Personalmanagementstrategie und einen Mitarbeiterführungsansatz mit dem Ziel, Übergänge in den späteren Berufsphasen und insbesondere den Übergang vom Erwerbsleben in die Pension/Rente mit den Beschäftigten, dem Betrieb und der Gesellschaft befriedigend meisterbar zu machen“.
BGF hat zunehmend Bedeutung für den Erfolg von Unternehmen und wird immer häufiger auch aktiv von Beschäftigen nachgefragt. Nicht zuletzt profitiert auch die Gesellschaft von damit einhergehenden verringerten Gesundheitskosten. Insbesondere KMU können durch den systematischen Aufbau von BGF und einer auf Gesundheit orientierte Arbeitgebermarke stärker profitieren. Schrittweise und aktive (Weiter-) Entwicklung auf Ebene der Organisation, Führung und der Arbeitsbereiche unter kontinuierlicher Einbeziehung aller Beschäftigten und aller Unternehmensbereiche sind jedoch unabdingbar. Attraktive Arbeitgeber:innen müssen Anreize in Aussicht stellen, insbesondere auch immaterielle Bedarfe berücksichtigen, wie beispielsweise die Schaffung von Gestaltungsmöglichkeiten und die Etablierung eines guten Betriebsklimas. Systematische BGF setzt an diesen Faktoren an und sollte von Betrieben stärker als wirksame Stellschraube von Arbeitgeberattraktivität genutzt werden.