Günther Wiesinger,
Obmann FV Gesundheitsbetriebe WKÖ
© Foto Weinwurm

Zukünftig gestaltet sich die Gesundheitsversorgung aufgrund personalisierter Medizin und digitaler Vernetzung von Patientendaten individueller und wird durch eHealth ortsunabhängiger. Neue Technologien werden genauso standardisiert zum Einsatz kommen wie künstliche Intelligenz und Big Data. Aber auch in einer Welt, in der Technologie eine größere Rolle spielt, wird die Entwicklung von Beziehungen zwischen Patient:innen und Gesundheitsdienstleister:innen essenziell bleiben. Daher steht auch in der Gesundheitsversorgung von morgen weiterhin der Mensch im Mittelpunkt, sei es als Patient:in oder als Angehörige:r eines Gesundheitsberufs.

Aktuelle demografische Entwicklungen sowie gesellschaftliche Veränderungen stellen jedoch eine Gefahr für die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung auf dem aktuellen Niveau dar, zumal ein Bedarf an Pflege- und Betreuungskräften bis 2030 von 75.7001 Vollzeitäquivalenten prognostiziert wird. Dieser Bedarf kann nicht ohne qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland, insbesondere aus Drittstaaten, gedeckt werden. Daher muss jetzt ein Maßnahmenkatalog zur Gewinnung von Gesundheitspersonal aus dem Ausland erarbeitet werden, um im internationalen Wettbewerb um gut ausgebildetes Gesundheitspersonal bestehen zu können. Dieser muss jedenfalls zur Vereinfachung bzw. Standardisierung bei den Nostrifikations-/Nostrifizierungsverfahren führen sowie bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen schaffen.

Die Demografie beeinflusst aber nicht nur den Bedarf an Gesundheitspersonal, sondern auch die nachgefragten Gesundheitsleistungen. Der Anteil der Bevölkerung im Pensionsalter ab 65 Jahren wird 2024 bereits mehr als 20 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Bis zum Jahr 2060 steigt dieser Anteil auf 28,7 Prozent an.2 Die Gesundheitsversorgung wird sich an diese Veränderungen anpassen müssen, zumal mit zunehmendem Alter die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen steigt. Hier kommt insbesondere Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge und der Erhaltung der Leistungsfähigkeit von Berufstätigen ein besonderer Stellenwert zu. Um Menschen ein unabhängiges Leben im Alter zu ermöglichen und sie länger im Erwerbsprozess halten zu können, ist es essenziell, die gesunden Lebensjahre durch Präventionsmaßnahmen wie die „Gesundheitsvorsorge aktiv (GVA)“ und durch gezielte Rehabilitation zu verlängern.

In diesem Zusammenhang ist auch die mentale Gesundheit von Bedeutung. Unabhängig vom individuellen Leid, nehmen auch Krankenstände aufgrund von psychischen Belastungen kontinuierlich zu. Womit die psychische Gesundheit zu einer zunehmenden Herausforderung geworden ist, zumal die jährlichen Kosten auf ca. zwölf Mrd. Euro geschätzt werden.3 Durch gezielte Prävention und Ausbau niederschwelliger Angebote wie es z.B. im Rahmen der „Gesundheitsvorsorge aktiv (GVA)“ gelungen ist, könnte ein Großteil dieser Kosten eingespart werden. Das Gesundheitssystem von morgen muss sich daher von einem vorrangig kurativen System hin zu einer präventionszentrierten Gesundheitsversorgung weiterentwickeln – und hierfür sollten jetzt die Weichen gestellt werden.
 



  1. Rappold, Elisabeth; Juraszovich, Brigitte (2019): Pflegepersonal-Bedarfsprognose für Österreich. Wien: Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Wien, S. 51.
  2. Demographisches Jahrbuch 2021 (statistik.at).
  3. https://www.wienerstaedtische.at/fileadmin/user_upload/Dokumente/Unternehmen/Presse/Pressemeldungen/2022/32_Mental_Health_-_Wie__un_gesund_ist_OEsterreich.pdf, S. 7.

MAT-AT-2301310-V1.0-12/2023