Beate Wimmer-Puchinger,
Präsidentin des Berufsverbands Österreichischer PsychologInnen

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie steht die psychische Gesundheit der Menschen in Österreich unter Dauerbelastung. Der Krieg in der Ukraine und Teuerungen haben die Situation nochmals verschärft. Chronischer Stress, Depression und Angststörungen sind im Steigen, mahnt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Bereits im ersten Pandemiejahr war ein Anstieg um mehr als 25 Prozent zu verzeichnen.

Dass Psychologie hier hilft, liegt auf der Hand. Dass es keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit gibt, sollte in Hinblick auf die aktuellen, gesellschaftlichen Herausforderungen klar sein. Klinisch-psychologische Diagnostik und evidenzbasierte psychologische Therapie sind unverzichtbar, wenn es um die Begleitung und Behandlung von psychisch erkrankten Menschen geht.

Während die Zahl der Betroffenen seit Jahren zunimmt, gibt es bei der Versorgung in Österreich jedoch gesetzliche Lücken und monatelange Wartezeiten. Hier herrscht somit großer Aufholbedarf. Gerade bei Kindern und Jugendlichen haben lange Wartezeiten entwicklungsbedingt katastrophale Auswirkungen und ziehen meist massive Langzeitschäden nach sich. Zudem können sich einkommensschwache Personen eine Behandlung kaum oder gar nicht leisten.

Als Präsidentin des Berufsverbands Österreichischer PsychologInnen (BÖP) ist mir eine lückenlose Versorgung psychisch erkrankter Menschen ein großes Anliegen. Es darf nicht länger akzeptiert werden, dass nur jene Menschen psychologische Hilfe erfahren, die sich diese finanziell leisten können. Denn diese Versorgungsengpässe führen nicht nur zu großem Leid der Betroffenen, sondern auch zur Verlängerung der Krankheitsprozesse. Ein hoher Leidensdruck, zunehmende Fehlzeiten, Fehlbehandlungen und enorme volkswirtschaftliche Kosten sind zusätzliche Folgen.

Um eine flächendeckende Gesundheitsversorgung psychisch erkrankter Personen zu garantieren, muss psychologische Therapie endlich ihren Platz im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz finden. Denn: Es gibt keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit!

Wenn wir uns in die richtige Richtung wenden, müssen wir nur noch losgehen: Der BÖP ist hier bereits gestartet. Unter meiner Federführung ist es gelungen, mit drei Hilfsprojekten gemeinsam eine Zahl gesicherter, niederschwelliger und leistbarer psychischer Versorgung umzusetzen. Diese Projekte werden aus den Mitteln des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie dem Sozialministeriumsservice finanziert.

So stellen wir gemeinsam mit dem Österreichischen Verband für Psychotherapie im Projekt „Gesund aus der Krise“ rund 8.000 Therapieplätze für betroffene Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 21 Jahre in ganz Österreich zur Verfügung und leisten pro Kind, Jugendlicher bzw. Jugendlichem und junger bzw. jungem Erwachsenen 15 kostenfreie klinisch-psychologische, gesundheitspsychologische oder psychotherapeutische Behandlungseinheiten im Einzel- oder Gruppensetting.

Ebenfalls auf eine Erfolgsgeschichte blicken das Projekt „#change“ sowie das Projekt „Wir stärken Stärken“ zurück. Mit „Wir stärken Stärken“ wurden armutsgefährdete, ausgrenzungsgefährdete und unter der Pandemie leidende Kinder und Jugendliche unterstützt. Der niederschwellige, rasche und durch sensible Zuweisende gewählte Ansatz führte zu einer passgenauen Zuweisung.

Für uns steht somit fest: Investitionen in die psychische Gesundheit sind Investitionen in ein besseres Leben und eine bessere Zukunft. Das hat schon WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus verdeutlicht, es ist für uns alle an der Zeit, dies ernst zu nehmen